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Praxis für TCM
Dr. med. X. Liang

Chinesische Kräutertherapie

Traditionelle chinesische Arzneimittel bestehen meist aus der Natur gewonnen Zutaten, die zu Arzneimittel verarbeitet werden. Am häufigsten gibt es pflanzliche Arzneimittel, aber auch Arzneimittel aus tierischen Zutaten, Arzneimittel aus mineralischen Stoffen und auch einige Arzneimittel, die aus chemischen und biologischen Prozessen gewonnenen werden. Da die größte Anzahl traditioneller chinesischer Arzneimittel pflanzlicher Natur sind, spricht man vereinfacht davon, dass alle Arzneimittel in der traditionellen chinesischen Medizin auf Kräuter basieren, die dann zu einer „Kräutertherapie“ eingesetzt werden.

Die traditionellen chinesischen Medizin TCM gibt theoretische Anleitungen zum Sammeln, zur Vorbereitung und zur Verarbeitung chinesischer Heilkräuter; sie erklärt auch deren Wirkmechanismen und gibt Anweisungen zu klinischen Anwendung. Die TCM-Theorie baut somit auf Substanzen, die zur Vorbeugung, Behandlung, Diagnose und zur Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen und Gesundheitserhaltungsfunktionen verwendet werden können. Mithilfe der chinesischen Kräutertherapie lassen sich durch Rezepturen aus zahllosen natürlichen Heilpflanzen, einigen Mineralien und auch einigen wenigen Tierbestandteilen Krankheiten bekämpfen und die Gesundheit erhalten. Das ist das Charakteristikum und die Stärke der traditionellen chinesischen Medizin TCM. Die chinesische Kräutertherapie ist eine gute Ergänzung zur westlichen Medizin und sie hilft den Bedürfnissen der Menschen besser gerecht zu werden.

Die Ursprünge der chinesischen Kräutertherapie

Ursprünglich haben in der Antike die Menschen aufgrund ihrer eigenen gesundheitlichen Probleme nach medizinischen Wirkstoffen in der Natur gesucht und diese auch gefunden. Allerdings wurden die Wirkstoffe nur sporadisch und selektiv angewendet und sie zeigten nur eine eingeschränkte Wirkung. In Mitteleuropa werden Heilpflanzen in der Regel heute noch so eingesetzt: So wird beispielsweise Leinsamen gegen Verstopfung eingesetzt, Baldrian für Schlafstörungen und Steinklee gegen Venenerkrankungen, usw.

In China setzte man schon vor langer Zeit auf Mischung einer größeren Zahl chinesischer Heilpflanzen, die man zu Rezepten kombinierte. Diese Rezepte wurden nach Anleitungen erstellt, die auf bestimmten Theorien basierten. Solche Rezepte können aus mehreren, manchmal einem Dutzend oder mehr chinesischen Kräutern bestehen. Das verstärkt die therapeutische Wirkung enorm.

Wozu wird chinesische Kräutertherapie eingesetzt?

Da die chinesische Kräutertherapie das breiteste Behandlungsspektrum hat, kann diese Therapieform im  Grunde genommen für fast alle Erkrankungen eingesetzt werden. Bereits ein einziger Bestandteil eines Krautes kann schon eine große Wirkung besitzen. Wenn Hunderte Kräuter, die wiederum diverse Wirkstoffe besitzen, kombiniert verwendet werden, vervielfacht dies sowohl die Heilwirkung als auch die Therapiemöglichkeiten.

Wie unbedenklich sind chinesische Kräuter

Die moderne Botanik liefert für jede Pflanze eine eindeutige Beschreibung, aus der hervorgeht, ob beispielsweise eine Pflanze giftig oder ungiftig ist. Hingegen fehlen oft die Kenntnisse über die medizinischen Wirkungen der Pflanzen. Die Anwendung der chinesischen Kräuter basiert auf der kombinierten Wirkung der einzelnen Kräuter in der Kräutermischung eines Rezeptes. Die Wirkung jedes einzelnen Krauts wurde über Jahrhunderte erforscht und entsprechend dokumentiert. Zu chinesischen Kräutern gibt es durch den jahrhundertelangen praktischen Einsatz ein beträchtliches Wissen in Bezug auf die Dosierung, die Toxizität etc., sodass der Einsatz im Allgemeinen zuverlässig und sicher ist. Chinesische Kräuter sind in der Regel ungiftig, unabhängig von ihrer medizinischen Wirkung. So wird beispielsweise Chrysantheme in China seit Jahrhunderten als Tee getrunken. Chrysantheme wurde gleichzeitig immer auch als chinesisches medizinisches Kraut eingesetzt. Eine Prüfung wie bei westlichen Arzneimitteln erfolgte für die Chrysantheme nie. Dennoch kann derzeitige Nutzung der chinesischen Kräuter als unbedenklich eingestuft werden.

Es ist bekannt, dass Antibiotika, Krebs- und Tuberkulosemedikamente und andere Medikamente u. a. Leber- und Nierenschäden verursachen könnten. Aber sie werden trotz dieser Nebenwirkungen weiterhin eingesetzt. Chinesische Kräuter sind in der Regel nebenwirkungsfrei. Auch wenn chinesische Kräuter Nebenwirkungen hätten, wären diese im Vergleich zu den oben genannten Arzneimitteln, die in der westlichen Medizin eingesetzt werden, viel geringer. Die Anwendung chinesischer Kräuter wird noch sicherer durch eine entsprechend der jeweiligen Indikation angepasste Dosierung, durch eine individuelle Bestimmung der Einnahmedauer sowie durch regelmäßige Kontrollen.

Wie wirken chinesische Kräuter eigentlich? 

Die traditionelle chinesische Medizin TCM geht man davon aus, dass bei Krankheit der Körper sein Gleichgewicht verliert. Es entsteht also eine Art „Abweichung“. Auch den chinesischen Kräutern wird eine „abweichende“ Wirkung zugesprochen. Somit kann man die krankheitsbedingte „Abweichung“ beim menschlichen Körper durch die „Abweichung“ der Kräuter korrigieren. Wenn z. B. ein Patient ein Hitze-Symptom (Abweichung) hat, kann man dieses durch Kräuter mit einer Kälte-Abweichung behandeln. Wenn ein Patient Symptome der Trockenheit (Abweichung) aufweist, kann dies durch Kräuter mit Befeuchtungsabweichung behandelt werden.

Aus westlicher Sicht enthalten Kräuter Aminosäuren, Stärke, Zucker, Vitamine, Mineralien, Spurenelemente und andere Wirkstoffe, wie Enzyme, Alkaloide, organische Säuren, ätherische Öle, Glykoside, Harze und dergleichen. Z. B. die Qi-tonisierte Wirkung von Ginseng hat mit seinen Bestandteilen von Saponin, ätherischen Ölen, Polysacchariden und Vitaminen zu tun. Das Medikament Artemisinin wird beispielsweise direkt aus dieser chinesischen Heilpflanze extrahiert.

In der Praxis wird ganz selten nur eine einzelne Heilpflanze verwendet. Meist werden mehrere Kräuter gleichzeitig eingesetzt, in einer Rezeptur, die oft aus bis zu 30 oder mehr unterschiedlichen Kräutern bestehen kann. Die Zusammenstellung eines Rezepts mit chinesischen Heilpflanzen erfolgt nach ganz bestimmten Regeln.

In der traditionellen chinesischen Medizin TCM ist die chinesische Kräutertherapie die wichtigste Behandlungsmethode – und hat auch bei der Ausbildung von Ärzten und Heilpraktikern die höchste Priorität. Die Kräutertherapie ist das Umfangreichste und am häufigsten eingesetzte Therapieverfahren. In China werden ca. 90 % aller TCM-Patienten mit Heilkräutern behandelt. Das deutet darauf hin, dass die Kräutertherapie eine effektive Methode ist. Wegen ihrer Logik und Stringenz vermittelt sie dem Kenner zudem besonders gut die TCM-Theorien. Sie kann das sogenannte Gleichgewicht von Yin und Yang regulieren, ähnlich wie die Akupunktur. Zudem kann eine chinesische Kräutertherapie die medizinische Wirkung der Substanzen direkt dem Körper zuführen, was bei der Akupunktur nicht möglich ist. Bereits ein Bestandteil eines Krautes kann schon eine große Wirkung besitzen. Wenn jedoch hunderte Kräuter, die wiederum diverse Wirkstoffe besitzen, kombiniert verwendet werden, führt dies zu vielfältigen Therapiemöglichkeiten.

In welcher Form werden chinesische Kräuter verabreicht?

Es gibt mehrere Wege chinesische Kräuter zu verabreichen: in Form klassischer Kräuter, pulverisierte Kräuter, Kräutergranulaten, Kräutertropfen usw.

Die klassischen Kräuter sind meistens die originalen Heilpflanzen in getrockneter Form, die allerdings vor der Einnahme lange gekocht werden müssen. Dazu werden die Kräuter vor dem Kochen ca. eine halbe Stunde lang in Wasser ziehen gelassen. Im Anschluss werden  die Kräuter zuerst schnell aufgekocht. Danach lässt man sie  dann noch eine bestimmte Zeit vor sich hin köcheln, manche Kräuter etwas länger und andere etwas kürzer. Insgesamt ist die Vorbereitung bei dieser Kräuterform umständlich und die Wirkung nicht unbedingt besser als bei den anderen Darreichungsformen. Nur für eine äußere Anwendung ist diese Form der Darreichung am besten geeignet.

Bei den pulverisierten Kräutern benötigt man eine viel geringere Menge an Kräutern, um eine Tagesdosis zu erreichen – nur ca. ein Viertel bis ein Fünftel. Das senkt auch die Kosten und macht die Therapie so viel günstiger. Für das Kochen braucht man zudem nur zehn bis fünfzehn Minuten.

Das Kräutergranulat ist im Vergleich dazu die einfachste Form. Man braucht für die Zubereitung die Granulate gar nicht zu kochen. Das Kräutergranulat wird lediglich in Wasser gegeben und darin aufgelöst. Schon wenige Gramm reichen, um auf eine Tagesdosis zu kommen, was daher relativ am günstigsten ist.

Kräuter in Tropfenform werden hauptsächlich für kleine Kinder verwendet. Kräutertropfen sind farblos und geschmacklos und deshalb auch für kleine Kinder sehr gut geeignet. Chinesische Kräuter in Tropfenform sind jedoch nicht so weit verbreitet und deshalb relativ teuer. 

Wie verläuft eine Behandlungssitzung?

Bei der Kräutertherapie beginne ich in meiner Praxis zunächst mit einer genauen Diagnose. Dabei halte ich mit an die Leitlinien der traditionellen chinesischen Medizin TCM. Entsprechend der Diagnose stelle ich üblicherweise acht bis zwölf Kräuter für Sie individuell zusammen. Hier in Deutschland kann ich aus ca. 150 bis 200 chinesische Kräutersorten wählen, die man in einer auf chinesische Kräuter spezialisierten Apotheke erhalten kann. In der Regel verschreibe ich die erste Kräutermischung nur für eine relativ kurze Zeit: ungefähr 7 bis 10 Tage. Nachdem Sie diese erste Kräutermischung fast vollständig eingenommen haben, untersuche ich Sie noch einmal ganz genau und frage Sie nach Ihrem Zustand und danach, was sich für Sie geändert hat. Anhand dieser neuen Informationen bzw. Ihrer Reaktion passe die Zusammensetzung der Kräutermischung an. Diese nächste Kräutermischung sollten Sie dann für ca. zwei Wochen einnehmen. Und so geht es weiter, so lange, bis sich Ihr Gesundheitszustand gebessert hat.

Je nachdem wie Ihr individueller Zustand ist, zeigt sich auch die Wirkung der Kräuter nach einer unterschiedlichen Zeit. Bei manchen Menschen tritt eine Wirkung schon nach ein paar Tagen ein, bei anderen kann dies einige Wochen dauern. In den meisten Fällen dauert eine chinesische Kräutertherapie ein bis zwei Wochen.

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